Absetzung der Abstimmung sorgt für Unmut
Drei Richterposten am Bundesverfassungsgericht bleiben weiterhin vakant. Die für diese Woche angesetzte Wahl im Bundestag wurde kurz vor Sitzungsbeginn gestrichen. Der Streit um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf verhinderte eine Einigung zwischen den Fraktionen. Mit der Sommerpause vor der Tür ist eine Lösung in weite Ferne gerückt.
Übergangsregelung verhindert Stillstand
Gemäß den Regeln des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes bleiben Richter auch nach Ablauf ihrer Amtszeit im Amt, bis Ersatz gewählt ist. So führt Josef Christ, dessen Amtszeit Ende 2024 endete, sein Amt weiterhin aus. Auch Doris König, die im Juni 2025 planmäßig ausschied, bleibt vorerst im Dienst.
Ulrich Maidowski, der um vorzeitige Entbindung aus dem Amt gebeten hat, wird Ende September ausscheiden. Seine Position bleibt ebenfalls zunächst unbesetzt.
Vorschläge des Gerichts ohne Wirkung
Im Mai 2025 legte das Plenum des Verfassungsgerichts dem Bundestag eine Vorschlagsliste für die Nachfolge Christs vor. Dort befand sich unter anderem Günter Spinner, den die Unionsfraktion offiziell unterstützte. Doch die parteipolitischen Differenzen um Brosius-Gersdorf verhinderten eine breite Zustimmung.
Eine seit 2024 geltende Gesetzesregelung sieht vor: Wird binnen drei Monaten nach Vorlage einer Vorschlagsliste keine Entscheidung getroffen, kann der Bundesrat das Verfahren übernehmen. Diese Frist endet am 22. August 2025.
Der Fall Brosius-Gersdorf
Die Union fordert den Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf. Als Begründung dient ein Bericht von Stefan Weber, der Textähnlichkeiten zwischen ihrer Dissertation und einer späteren Habilitation ihres Ehemannes fand. Die Doktorarbeit der Kandidatin stammt jedoch aus dem Jahr 1997, die Schrift ihres Mannes wurde erst drei Jahre später veröffentlicht.
Weber betonte später ausdrücklich, dass er keinen Plagiatsvorwurf gegen Brosius-Gersdorf erhoben habe. Auch der Luxemburger Jochen Zenthöfer schloss ein Fehlverhalten aus: „Die zuerst veröffentlichte Arbeit gilt als die originale Quelle.“
Trotz dieser Aussagen hält die Union an ihrer Ablehnung fest. Die SPD sieht darin einen politischen Vorwand, um die Kandidatur zu torpedieren.
Politischer Streit statt inhaltlicher Einigung
Im Bundestag herrschte vor der geplanten Wahl eine gereizte Stimmung. Sozialdemokraten und Liberale warfen der Union vor, bewusst mit rechtsgerichteten Kräften zu taktieren. Die S&D-Fraktionschefin Iratxe García fragte: „Mit wem wollen Sie regieren? Mit wem wollen Sie Europa zerstören oder mit wem kämpfen wir jeden Tag, um es aufzubauen?“
Auch die Renew-Fraktionsvorsitzende Valérie Hayer kritisierte die Strategie der EVP: „Sie haben zugelassen, dass die EVP Zweckbündnisse mit der extremen Rechten eingeht.“
Währenddessen hielt sich Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, von der Debatte fern. Sie nahm stattdessen an der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Rom teil.
Ein baldiger Lösungsvorschlag erscheint unwahrscheinlich. Ob es eine Einigung nach der Sommerpause gibt oder der Bundesrat aktiv wird, ist offen. Politisch jedoch ist der Vertrauensbruch bereits eingetreten.