VDA warnt vor Arbeitsplatzschwund in der Autoindustrie

VDA warnt vor Arbeitsplatzschwund in der Autoindustrie

Seit 2019 über 100.000 Stellen verloren

Die deutsche Automobilbranche befindet sich weiterhin in einer angespannten Lage. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sind seit dem Jahr 2019 rund 120.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Besonders stark betroffen ist die Zulieferindustrie, die laut Verband einen Rückgang der Beschäftigtenzahl um 24 Prozent verzeichnete. Insgesamt zählt die Branche derzeit noch etwa 716.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
„Die Entwicklung ist besorgniserregend und zeigt keine Anzeichen einer Stabilisierung“, erklärte VDA-Experte Manuel Kallweit auf dem Automotive Forum in Zwickau, bei dem über 300 Branchenvertreter über die Zukunft der Industrie diskutierten.

Zulieferer unter Druck – Aufträge brechen ein

Viele Zulieferbetriebe kämpfen derzeit mit einem deutlichen Auftragsmangel. Laut einer aktuellen VDA-Erhebung liegt der Auftragseingang auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie. Gleichzeitig belaste überbordende Bürokratie die Unternehmen, die zunehmend Schwierigkeiten haben, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten.
Als weitere Belastungsfaktoren nennen die Betriebe unregelmäßige Abrufe von Kunden, steigende Abgaben und hohe Stromkosten. Die Folge: Zahlreiche Mittelständler prüfen, ob sie ihre Produktion umstellen oder in völlig neue Geschäftsfelder einsteigen. Diskutiert werden unter anderem Recyclinglösungen für Fahrzeugteile, der Ausbau von Sicherheits- und Verteidigungstechnik sowie die Entwicklung von Komponenten für das autonome Fahren.

„Viele Zulieferer müssen sich komplett neu erfinden, wenn sie überleben wollen“, sagte ein Teilnehmer der Konferenz. Der VDA drängt deshalb auf politische Unterstützung und eine deutliche Entlastung bei Verwaltungsvorgaben.

Elektromobilität stabilisiert die Produktion

Trotz der Krise gibt es auch positive Signale. Die Produktion in Deutschland hat sich zuletzt stabilisiert – vor allem durch den starken Anstieg bei Elektrofahrzeugen. Nach VDA-Angaben gehört Deutschland inzwischen zu den führenden Standorten der Elektromobilität weltweit.
„Wir sind heute der zweitgrößte Produzent von Elektroautos – nur China liegt vor uns“, betonte Kallweit. Damit produziert die deutsche Industrie mehr E-Autos als die USA, Japan oder Südkorea. Dieser Erfolg zeige, dass sich die milliardenschweren Investitionen der vergangenen Jahre auszahlen, auch wenn die Branche unter Überkapazitäten und schwacher Nachfrage leide.

Sachsen als Schrittmacher der Transformation

Besonders Sachsen hat sich zu einem der wichtigsten Standorte der E-Mobilität in Europa entwickelt. Der Freistaat zählt laut VDA zu den zehn größten Produktionsregionen weltweit für Elektrofahrzeuge.
Im Mittelpunkt steht die Volkswagen-Fabrik in Zwickau, die als erster Standort im Konzern vollständig auf Elektromodelle umgestellt wurde. Doch die Produktion läuft dort nicht auf Volllast: Einige Fahrzeuglinien sollen künftig an andere Werke verlagert werden, was bei den Beschäftigten für Verunsicherung sorgt.
„Viele Kolleginnen und Kollegen wissen nicht, ob ihr Arbeitsplatz in zwei Jahren noch existiert“, hieß es aus Unternehmenskreisen. Tatsächlich wird in Zwickau bereits seit Monaten Personal abgebaut, um sich an die sinkende Nachfrage anzupassen.

Branche fordert steuerliche Entlastungen

Der VDA drängt auf verbindliche politische Maßnahmen, um den Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten. Eine zentrale Forderung ist die Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge, um die Nachfrage weiter anzukurbeln. Zudem müsse die Förderung von Ladeinfrastruktur und Batterietechnologie verstetigt werden.
„Deutschland braucht Planungssicherheit, wenn es die Transformation bestehen will“, sagte Kallweit. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Innovationen und Beschäftigung nicht auseinanderdriften.

Auch Dirk Vogel, Geschäftsführer des sächsischen Automobilzulieferer-Netzwerks AMZ, sieht die Branche an einem Wendepunkt. Zwar bleibe die Gesamtproduktion schwach, doch die Elektromobilität eröffne langfristig neue Chancen. „Trotz mancher Skepsis in der Bevölkerung wird sich die E-Technologie weiter durchsetzen. Die Nachfrage nach Elektroautos wird weiter steigen“, so Vogel.

Industrie zwischen Aufbruch und Arbeitsplatzsorge

Die deutsche Autoindustrie steht vor einer doppelten Herausforderung: Sie muss einerseits ihre technologische Führungsrolle im globalen Wettbewerb sichern, andererseits drohen durch den Wandel zum Elektroantrieb Tausende weitere Jobs wegzufallen. Besonders mittelständische Zulieferer geraten in Bedrängnis, weil viele Komponenten für Verbrennungsmotoren künftig überflüssig werden.
Der Verband fordert deshalb gezielte Transformationshilfen für betroffene Regionen und Unternehmen. Nur so könne der Strukturwandel bewältigt werden, ohne die industrielle Basis des Landes zu gefährden.

Verwandte Artikel