EU-Richtlinie gefährdet Grundversorgung mit Metformin

EU-Richtlinie gefährdet Grundversorgung mit Metformin

Preiswertes Mittel gegen Diabetes steht vor dem Aus

Metformin ist für Menschen mit Typ-2-Diabetes oft die erste und einzige Wahl. Es senkt Blutzuckerwerte effektiv, verbessert die Insulinempfindlichkeit und schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Dreimonatspackung kostet im Schnitt nur 5,12 Euro – ein Preis, der die Therapie für Patienten und Krankenkassen erschwinglich macht.

Doch gerade dieser niedrige Preis wird Metformin jetzt zum Verhängnis: Eine neue EU-Vorgabe zur Reduktion von Arzneimittelrückständen im Wasser zwingt Hersteller, sich an der Finanzierung einer neuen Reinigungsstufe in Kläranlagen zu beteiligen.

Umweltschutz vs. Versorgungssicherheit

Mit der neuen Regelung will die EU die Wasserqualität verbessern, indem sie Arzneimittelrückstände reduziert. Das Prinzip „Der Verursacher zahlt“ steht dabei im Vordergrund. Für Medikamente mit hohem Verkaufspreis ist das tragbar – für preisgebundene Generika wie Metformin hingegen existenzbedrohend.

„Die zusätzlichen Umweltkosten übersteigen unsere Herstellungskosten um ein Vielfaches“, warnen Hersteller. Die wirtschaftliche Belastung könnte viele Generikahersteller dazu zwingen, ihre Produktion in Europa aufzugeben.

Gesundheitsversorgung könnte unter Druck geraten

Sollte Metformin vom Markt verschwinden, stünden für Patienten deutlich teurere Alternativen bereit. Viele dieser Medikamente müssen gespritzt statt geschluckt werden. Das erschwert nicht nur die Handhabung im Alltag, sondern beeinflusst auch die Adhärenz, also die Einhaltung der Therapie. Zudem sind Nebenwirkungen häufiger.

Für das Gesundheitssystem bedeutet das steigende Kosten: Laut IGES könnten sich die jährlichen Mehrausgaben auf 1,5 Milliarden Euro summieren. Gleichzeitig wäre die Versorgungssicherheit gefährdet – insbesondere für sozial schwächere Patientengruppen.

Nicht nur Diabetiker betroffen

Die EU-Regelung trifft nicht nur Metformin. Auch andere wichtige Medikamente wie das Antibiotikum Amoxicillin oder das Brustkrebspräparat Tamoxifen könnten in die Kostenfalle geraten. Erste Schätzungen gehen von Kostensteigerungen bis zu 116 Prozent für bestimmte Präparate aus.

Da Generikahersteller besonders unter engen Margen arbeiten, droht eine Verlagerung der Produktion nach Asien, insbesondere nach China, wo viele Wirkstoffe ohnehin bereits gefertigt werden.

Debatte über alternative Finanzierungsmodelle

Die politische Diskussion ist in vollem Gange. Während Umweltverbände auf dem Verursacherprinzip beharren, plädieren Pharmaunternehmen und Gesundheitsexperten für alternativ finanzierte Lösungen – etwa durch eine gerechte Verteilung über allgemeine Abwassergebühren.

Selbst das Umweltbundesamt rechnet mit enormen Kosten. In Deutschland könnten sich die Gesamtausgaben für die neue Reinigungsstufe auf rund eine Milliarde Euro jährlich belaufen – deutlich mehr, als ursprünglich angenommen. Die EU-Kommission hat daher angekündigt, die Folgen für die Arzneimittelbranche noch einmal zu prüfen.

Polen hat bereits Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Weitere Mitgliedstaaten könnten folgen.

Der Streit zwischen Umweltschutz und Gesundheitsversorgung ist damit längst nicht entschieden – aber seine Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar.

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