Therapie-Apps: Soforthilfe bei psychischen Krisen

Therapie-Apps: Soforthilfe bei psychischen Krisen

Hintergrund und Problematik
In Deutschland leidet rund ein Sechstel der Bevölkerung an psychischen Störungen wie Panikattacken, Burn-out, Depressionen oder Angstzuständen. Die Nachfrage nach Therapieplätzen steigt kontinuierlich – und oft müssen Betroffene monatelang auf einen freien Platz warten. Diese Situation stellt sowohl Patienten als auch Angehörige vor große Herausforderungen.

Digitale Gesundheitsanwendungen als Lösung
Um die Wartezeit zu überbrücken, kommen mittlerweile digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) ins Spiel. Diese von der Krankenkasse bezahlten Apps wurden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und zugelassen. „Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung haben einen Anspruch auf eine Versorgung mit DiGAs, die von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet werden können und durch die Krankenkasse erstattet werden“, erklärt Maik Pommer, Pressesprecher des BfArM.

Funktionsweise und Inhalte der DiGAs
Die Programme basieren überwiegend auf verhaltenstherapeutischen Methoden und bieten interaktive Selbsthilfeübungen, Tagebuchfunktionen zum Tracking von Stimmungen und Schlafgewohnheiten sowie Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen. Durch gezielte Psychoedukation erhalten Patienten fundierte Informationen über ihre Erkrankung und lernen, Denkmuster zu erkennen und zu verändern. Ein wesentlicher Bestandteil ist zudem die Möglichkeit, an sogenannten „Mutprojekten“ teilzunehmen. Wie Psychologin Lara Ebenfeld erläutert:
„Die Patienten bekommen nicht nur theoretisches Wissen über ihre Erkrankung und setzen sich aktiv damit auseinander, sondern sind auch angehalten, ihre Ängste in sogenannten ‚Mutprojekten‘ anzugehen.“
Diese Maßnahmen sollen Betroffenen helfen, ihre Ängste zu überwinden und erste Fortschritte in der Bewältigung ihrer Symptome zu erzielen.

Vorgehensweise und Zielgruppe
Um eine DiGA zu nutzen, stellen Ärzte oder Psychotherapeuten auf Basis einer Diagnose ein Rezept aus. Der Patient reicht dieses bei seiner Krankenkasse ein, die das Angebot prüft und freischaltet. Die Anwendungen richten sich vor allem an Menschen mit leichter bis mittelschwerer psychischer Belastung – sie sollen die Zeit bis zum Therapieplatz sinnvoll überbrücken und als Ergänzung zur klassischen Psychotherapie dienen. Lara Ebenfeld betont jedoch:
„Das ist wahrlich keine einfache Aufgabe und ein Transfer des Gelernten in den Alltag ist für den Erfolg der DiGA besonders wichtig.“

Grenzen und Ausblick
Obwohl DiGAs wertvolle Unterstützung bieten, ersetzen sie keine umfassende Psychotherapie. Gerade bei schweren Depressionen oder Trauma-Folgestörungen bleibt der persönliche Kontakt zum Therapeuten unverzichtbar. Dennoch stellen diese digitalen Angebote eine niederschwellige und jederzeit verfügbare Möglichkeit dar, erste Hilfe zu erhalten und sich mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen.

Insgesamt bieten DiGAs eine wichtige Alternative, um Betroffenen in Zeiten langer Wartezeiten auf einen Therapieplatz schnelle und effektive Unterstützung zu ermöglichen.

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