Die EU-Kommission hat eine vorläufige Bewertung veröffentlicht, die den Internetgiganten Meta und TikTok erhebliche Konsequenzen bringen könnte. Nach Ansicht der Behörde haben beide Unternehmen gegen den Digital Services Act (DSA) verstoßen – das zentrale EU-Gesetz zur Kontrolle digitaler Plattformen. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, drohen Geldbußen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes – also Strafen in Milliardenhöhe.
Mangel an Transparenz gegenüber Forschern
Kern der Anschuldigungen ist der Vorwurf, dass Meta und TikTok Forschern den Zugang zu öffentlichen Daten erschweren. Diese Informationen gelten als entscheidend, um den Einfluss sozialer Netzwerke auf gesellschaftliche Entwicklungen und psychische Gesundheit zu analysieren.
Die Kommission kritisiert, dass Wissenschaftler komplizierte Antragsverfahren durchlaufen müssten und häufig nur unvollständige Datensätze erhielten. Damit werde eine unabhängige Überprüfung der Plattformen unmöglich gemacht. In der offiziellen Mitteilung betonte Brüssel: „Der Zugang zu Daten für Forschungseinrichtungen ist eine wesentliche Transparenzverpflichtung im Rahmen des DSA. Er ermöglicht öffentliche Kontrolle über die Wirkung sozialer Netzwerke auf Gesundheit und Gesellschaft.“
Ab dem 29. Oktober soll eine neue EU-Verordnung den Zugang zu diesen Daten gesetzlich garantieren. Plattformen, die sich verweigern, riskieren empfindliche Strafen.
Meta droht eine der höchsten Strafen der EU-Geschichte
Für den US-Konzern Meta, zu dem Facebook und Instagram gehören, könnten die Konsequenzen enorm sein. Mit einem weltweiten Umsatz von 164,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 entspräche eine DSA-Strafe von sechs Prozent rund 9,84 Milliarden Euro. Damit stünde einer der größten Tech-Konzerne der Welt vor einer der höchsten Sanktionen, die die EU je verhängt hat.

Auch TikTok, das Teil des chinesischen Konzerns ByteDance ist, könnte stark betroffen sein. Das Unternehmen erwirtschaftete allein durch In-App-Käufe rund sechs Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Analysten gehen davon aus, dass die EU-Kommission mit diesem Verfahren ein deutliches Signal an andere Plattformbetreiber senden will, dass mangelnde Kooperation künftig nicht mehr geduldet wird.
Ein Sprecher der Kommission erklärte, man werde „bei der Umsetzung des DSA konsequent und ohne Ausnahme handeln“.
Kritik an mangelhaften Meldewegen für illegale Inhalte
Neben dem Datenzugang steht vor allem Meta wegen unzureichender Meldefunktionen für illegale Inhalte in der Kritik. Nutzer von Facebook und Instagram müssten laut EU „zu viele Schritte“ absolvieren, um terroristische oder strafbare Inhalte zu melden.
Damit verstoße der Konzern gegen die im DSA festgeschriebenen Anforderungen an eine „leicht zugängliche und benutzerfreundliche“ Meldefunktion. Sollte Meta die Systeme nicht rasch anpassen, entfällt der Haftungsschutz für von Dritten veröffentlichte Inhalte – eine juristische Eskalation, die das Unternehmen in Milliardenhöhe treffen könnte.
Brüssel betont, dass soziale Netzwerke eine „klare Verantwortung“ tragen, gefährliche Inhalte schnell zu entfernen und Missbrauch zu verhindern.
Digital Services Act – Europas Antwort auf Tech-Giganten
Mit dem Digital Services Act will die EU erstmals einen verbindlichen Rechtsrahmen schaffen, der die Macht großer Onlineplattformen einschränkt. Der DSA verpflichtet Unternehmen zu Transparenz, Verbraucherschutz und gesellschaftlicher Verantwortung. Für Plattformen mit mehr als 45 Millionen EU-Nutzern gelten besonders hohe Anforderungen.
Die EU-Kommission macht nun ernst. Schon vor Beginn des Verfahrens hatte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager klargestellt: „Wer in Europa Geschäfte macht, muss sich an europäische Regeln halten – egal, wie groß oder einflussreich das Unternehmen ist.“
Das Vorgehen gegen Meta und TikTok wird von Experten als Präzedenzfall gesehen, der künftig den Umgang mit digitalen Daten in der gesamten EU prägen könnte.
Unternehmen unter Zugzwang
Sowohl Meta als auch TikTok haben nun Gelegenheit, auf die Vorwürfe zu reagieren. In Brüssel rechnet man mit intensiven Verhandlungen in den kommenden Wochen. Sollten sich die Anschuldigungen bestätigen, drohen den Tech-Konzernen nicht nur milliardenschwere Geldbußen, sondern auch massive Reputationsschäden.
Für die EU ist das Verfahren ein Prüfstein, ob der Digital Services Act tatsächlich die versprochene Wirkung entfalten kann: mehr Kontrolle über Plattformen, stärkeren Schutz der Nutzer und klare Grenzen für Datenmissbrauch.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Union ihren neuen Rechtsrahmen konsequent durchsetzt – und ob Meta und TikTok bereit sind, sich den europäischen Standards anzupassen.

