Porsche vor Wendepunkt – Gewinne schmelzen fast komplett ein

Porsche vor Wendepunkt – Gewinne schmelzen fast komplett ein

Der Sportwagenhersteller Porsche steht vor einem historischen Einschnitt. Der einstige Vorzeigekonzern des VW-Imperiums verzeichnet einen beispiellosen Gewinneinbruch. Nach Steuern blieb in den ersten neun Monaten des Jahres nur ein Bruchteil des früheren Ergebnisses übrig: Der Nettogewinn fiel um 95,9 Prozent auf gerade einmal 114 Millionen Euro.

Im dritten Quartal rutschte das Unternehmen sogar in die Verlustzone. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) betrug minus 966 Millionen Euro, während im Vorjahreszeitraum noch 974 Millionen Euro Gewinn verbucht worden waren.

Strategiewechsel kostet Milliarden

Auslöser der Krise sind vor allem die Folgen des Kurswechsels im Antriebskonzept. Unter der Leitung von Noch-Konzernchef Oliver Blume (57) verabschiedete sich Porsche von den ehrgeizigen Elektroplänen und verschob gleich mehrere für 2025 geplante E-Modelle. Auch das ambitionierte Projekt einer eigenen Batteriezellenfertigung wurde gestoppt.

Stattdessen setzt das Unternehmen wieder stärker auf Verbrenner-Modelle, um kurzfristig Absatz und Marge zu stabilisieren. Doch dieser Richtungswechsel kommt teuer zu stehen: Die Umrüstungskosten belasten das Ergebnis erheblich.

Der operative Gewinn brach in den ersten drei Quartalen auf nur 40 Millionen Euro ein – fast 99 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz ging auf 26,9 Milliarden Euro zurück, ein Minus von sechs Prozent.

Vorstand betont langfristige Perspektive

Finanzvorstand Jochen Breckner verteidigte die drastischen Maßnahmen.
Wir nehmen schwächere Kennzahlen bewusst in Kauf, um langfristig Stabilität und Profitabilität zu sichern.

Nach seiner Darstellung investiert Porsche derzeit gezielt in die technologische Neuausrichtung und will dadurch seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Marktschwankungen erhöhen.

Beobachter kritisieren jedoch, dass die strategische Kehrtwende zu spät erfolgt sei. Gleichzeitig hätten US-Zölle und gestiegene Rohstoffpreise die Kosten weiter in die Höhe getrieben. Branchenanalysten warnen, der Konzern habe sich mit der gleichzeitigen Neuordnung von Fertigung, Produktstrategie und Antriebstechnologie „eine Mammutaufgabe“ auferlegt.

Vom Musterkonzern zum Sanierungsfall

Noch vor Kurzem galt Porsche als Erfolgsmodell im Premiumsegment – mit Rekordabsätzen, Margen und einer der begehrtesten Marken weltweit. Nun kämpft der Hersteller mit nachlassender Nachfrage, Verzögerungen im E-Auto-Programm und einem Rückgang der Profitabilität.

Besonders schwer wiegt, dass die weltweite E-Mobilitätswelle Fahrt aufnimmt, während Porsche bei wichtigen Modellen ins Hintertreffen gerät. Experten sprechen von einem „verlorenen Jahr“, das Porsche gegenüber Wettbewerbern wie Tesla, BMW und Mercedes kostbare Zeit gekostet habe.

Zudem hat das schwierige Tagesgeschäft in den USA und China, den beiden größten Absatzmärkten, die Stimmung weiter eingetrübt.

Sparpläne und Personalabbau angekündigt

Um gegenzusteuern, arbeitet Porsche an einem umfassenden Sparprogramm. In der Region Stuttgart sollen bis 2029 rund 1900 Stellen sozialverträglich abgebaut werden. Zudem laufen die Verträge von etwa 2000 befristeten Mitarbeitern aus.

Weitere Einsparungen werden derzeit mit dem Betriebsrat verhandelt. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen stehen dabei sowohl zusätzliche Stellenstreichungen als auch die Verlängerung der bestehenden Jobsicherung zur Diskussion.

Die IG Metall reagierte empört auf die Ankündigungen. Gewerkschaftsvertreter Ferdije Rrecaj erklärte:
Diese Belegschaft hat Porsche über Jahrzehnte groß gemacht. Sie jetzt zu verunsichern, ist das falsche Signal.

Zwischen Tradition, Prestige und Neubeginn

Porsche befindet sich an einem Scheideweg. Die Marke steht nach wie vor für Leistung, Qualität und Exklusivität, doch der Wandel zur Elektromobilität stellt diese Werte auf die Probe.

Kurzfristig könnte die Rückkehr zum Verbrenner die Bilanz stabilisieren, langfristig aber entscheidet allein der Erfolg der elektrischen Modelloffensive über die Zukunft der Marke.

Die kommenden Quartale werden zeigen, ob der Traditionshersteller den Spagat zwischen Prestige und Zukunftsfähigkeit meistert – oder ob der Preis für den Kurswechsel zu hoch war.

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