Spannungen an der Oder – Polen startet Grenzkontrollen

Spannungen an der Oder – Polen startet Grenzkontrollen

Neue Kontrollen richten sich gegen Schleusungen

Seit dem frühen Morgen des 7. Juli führt Polen gezielte Grenzkontrollen an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland durch. Insgesamt betrifft dies 52 offizielle Übergänge. Die Maßnahme soll laut Innenminister Tomasz Siemoniak „kriminellen Schleusern das Handwerk legen“. Normale Reisende seien nicht betroffen, betonte er. Auch an 13 Grenzübergängen zu Litauen finden zeitgleich Kontrollen statt.

Verstärkte Überprüfung durch Polizei und mobile Patrouillen

Kontrolliert werden nicht nur Pkw und Minibusse, sondern auch zu Fuß Reisende. Besonders Fahrzeuge mit abgedunkelten Scheiben und hoher Personenanzahl stehen im Fokus. Der Grenzschutz kündigte an, zur Verkehrslenkung temporäre Maßnahmen wie Schilder und Fahrbahnverengungen einzusetzen. Schlagbäume oder feste Sperren sind hingegen nicht vorgesehen.

Berlin reagiert mit Kritik und warnt vor wirtschaftlichen Folgen

In Deutschland sieht man die polnische Maßnahme mit Skepsis. Der Polenbeauftragte Knut Abraham kritisierte die Entscheidung als „schwere Belastung“ für den gemeinsamen Wirtschaftsraum. Er warnte: „Wenn Polen die Fahrbahn auf eine Spur reduziert, haben wir binnen Stunden Verkehrschaos.“ Allein auf der A12 bewege sich ein Großteil des Handelsverkehrs mit Ostmitteleuropa. Eine schlechte Organisation der Kontrollen könne laut Abraham das deutsch-polnische Verhältnis empfindlich stören.

Bürgerwehren setzen Patrouillen eigenmächtig fort

Trotz staatlicher Maßnahmen setzt die rechtsnationale Gruppierung rund um Robert Bakiewicz ihre eigenen Grenzüberwachungen fort. Die Mitglieder patrouillieren mobil entlang der Grenzgebiete und beobachten laut eigener Aussage die Effektivität des Grenzschutzes. „Wir wollen sehen, ob wirklich kontrolliert wird,“ erklärte Bakiewicz. Die polnische Regierung lehnt diese Aktivitäten ab. Innenminister Siemoniak kündigte rechtliche Schritte gegen Selbstjustiz an. Die PiS-Opposition hingegen verteidigte die Patrouillen öffentlich.

EU-Parlament warnt vor Belastung des Schengensystems

Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, äußerte sich im ZDF-Morgenmagazin besorgt: „Das ist ein Dominoeffekt, der das Schengen-System gefährdet.“ Die Stationierung fester Kontrollen konterkariere die Prinzipien der Freizügigkeit. Sie warnte vor einer weiteren Eskalation durch nationale Alleingänge, wie sie der Bundesregierung vorgeworfen wurden.

Binnenmarkt unter Druck – Pendler und Handel betroffen

Täglich überqueren laut Industrie- und Handelskammern mehr als 27.000 Pendler die Grenze. Besonders betroffen sind Arbeitnehmer in Brandenburg und Sachsen. Auch für den Einzelhandel hat die Maßnahme Konsequenzen. Stefan Genth vom HDE erklärte: „Der freie Binnenmarkt ist die Grundlage unseres Wohlstands. Wir brauchen offene Grenzen.“ Die neue Regelung gilt zunächst bis zum 5. August. Ob sie verlängert wird, ist derzeit offen.

Grüne kritisieren Regierung und warnen vor Spirale

Felix Banaszak, Bundestagsabgeordneter der Grünen, sieht die Ursache in einer verkorksten Asylpolitik auf nationaler Ebene. Er kritisierte: „Die Bundesregierung verschiebt das Chaos nur von einer Grenze zur nächsten.“ Für ihn sei der Umgang mit dem Thema „eine Spirale der Blödheit“, die durch Aktionen von Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) in Gang gesetzt worden sei.

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